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Von den Kassen finanziert

Apps auf Rezept: Massive Datenlecks und fragwürdiger Nutzen

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Digitale Gesundheits-Anwendungen, kurz DiGA genannt, sollen von den Krankenkassen bezahlt die Therapie unterschiedlichster Beschwerden unterstützen. Im offiziellen Verzeichnis dieser vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte abgesegneten Apps finden sich mittlerweile 33 Anwendungen gelistet, von der Unterstützung bei Hörstörungen bis zur Behandlung von Impotenz.

Die mit dem Angebot verbundene Kassenfinanzierung dürfte sich als attraktives Zugpferd für die Anbieter erweisen. Als aktuelle Zahlen werden zwischen 200 und 700 Euro genannt, die für jede Verschreibung an den Herausgeber der App fließen. Der durchschnittliche Preis liegt den Krankenkassen zufolge bei rund 400 Euro im Quartal. Da liegt es nahe, dass sich auch weniger verantwortungsbewusste Anbieter ihr Stück vom Kuchen sichern wollen.

Diga Hack Zerforschung

Eine Untersuchung der Sicherheitsexperten von Zerforschung deckt dann auch auf, was irgendwie zu befürchten war. Nicht nur, dass offenbar schon ein Tagebuch zur Rauchentwöhnung ausreicht, um sich patientenbezogene Vergütungen bei den Kassen abzuholen, auch wird mit dem Thema Datenschutz teilweise äußerst lax umgegangen. Insgesamt konnten das Team Zerforschung auf die Daten von mehr als 20.000 App-Patienten zugreifen.

Ganz oben auf der roten Liste steht die zur Behandlung von Depressionen zugelassene App Novego. Hier ließen sich über eine primitiv aufgesetzte Export-Funktion Daten von allen knapp 10.000 bislang angemeldeten Nutzern abrufen.

Die App Cankado dient zur Erfassung von Beschwerden von Brustkrebs-Patienten. Hier waren mit ein wenig mehr Aufwand als bei Novego 12.500 Datensätze abrufbar, die Hacker konnte sich damit verbunden als „Arzt“ mit erweiterten Zugriffsrechten eintragen.

DiGA-Konzept muss grundlegend überarbeitet werden

Mit den durch die Aktion gewonnenen Erkenntnissen untermauern die Sicherheitsforscher die Forderungen nach einer grundlegenden Überarbeitung des noch unter Jens Spahn erstellten DiGA-Konzepts. Durch das sogenannte Fast-Track-Programm ist hier bislang nicht nur Schlampereien, sondern sicher auch Betrug Tür und Tor geöffnet, da die Anbieter ihre Apps ohne hinreichende Sicherheits- oder Wirksamkeitsprüfung auf den Markt bringen können. Patientenverbände und Ärzte fordern darüber hinaus längst, dass entsprechende Apps nur dann von Krankenversicherungen bezahlt werden, wenn sie einen nachgewiesenen Nutzen haben.

Update: Wir haben den Durschnittspreis pro Quartal ergänzt.

16. Jun 2022 um 18:31 Uhr von chris Fehler gefunden?


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    29 Kommentare bisher. Dieser Unterhaltung fehlt Deine Stimme.
  • Die Apps werden zumindest mehr nutzen als Homöopathie haben, ebenfalls von den Kassen gezahlt.

    • Nur dass sie zuckerkugeln nicht ganz so teuer sind pro Quartal

    • Der Placebo-Effekt der Homöopathie ist öfter grösser als der Heil-Effekt von „normalen“ Arzneimitteln. Meine Krankenkasse würde zahlen, hab ich aber noch nie in Anspruch genommen. Wie wäre es mit friedlicher Koexistenz?

      • Hast Du irgendeinen stichhaltigen Beweis für diese These? Dass ein Placeboeffekt wirksam ist, ist umumstritten, jedoch ist ein ansonsten wirkungsloses „““Arzneimittel“““ (nur in Deutschland dürfen diese Glukosekugeln oder Wassertropfen ohne einen Hinweis so gennante werden wegen einer Gesetzeslücke) zu „verschreiben“ in meinen Augen nicht mit dem berufsehtos vereinbar. Wenn man als Arzt oder Ärztin homöopathika als erste Wahl bei ernsthaften Krankheiten verschreibt, ist das sogar straftbar. Trotzdem können Ärztïnnen bis zu 180€ pro Stunde für eine homöopathische „““Ananmese“““ verlangen.

        Nochmal: Es geht hier nicht darum Homöopathie, Geisterheiler oder Auspendler zu verbieten, es geht hier darum, dass die Allgemeinbevölkerung nicht für die Kosten von wirkungslosen Mitteln aufkommen soll und somit „Ärzte“ und Pharmafirmen für quasi nichtstun bezahlt.

    • Hahaha, ich hatte die Kalmeda App zur Tinnitustherapie. Eine App die einem mit jedem dritten Satz erzählt das man den Tinnitus heilen oder in den Griff bekommen kann wenn man es ernst meint und sich in gewisserweise diszipliniert. Mit dem Vergleich zur Homöopathie…diese wäre nochmal um das 100000 fache zusätzlich verdünnt.

    • Immerhin werden bei Homöopathischen Präparaten nicht die Daten der Nutzer abgegriffen und ggf. verhökert.

  • Es ist doch immer das gleiche: die Kassenvereinigungen bekommen nichts bzgl. der eigenen Technik und Software hin, weil sie alles doppelt und dreifach bis zur Unanwendbarkeit absichern – für Milliarden von Euros aus Mitgliedsbeiträgen.
    Auf der anderen Seite genehmigen Sie solche unfassbar einfach gestrickten Apps und zahlen ebenfalls Millionen für die Nutzung.

    Und ich kriege bei der Auszahlung meines Gehaltes dann regelmäßig einen heftigen Brechreiz, wenn ich sehe, dass nicht nur ich, sonder auch viele, viele andere die Krankenkassen mit monatlich 904 Euro „unterstützen“ müssen.

    • Was für ein Unsinn der hier geschrieben wird.

      Die Kassenlandschaft kann mal rein gar nichts dafür. Die Systeme sind 1A, der Faktor „Endkundensicherheit“ wird vom Gesetzgeber vorgegeben. Die Kassen könnten und wollen wesentlich besser. Dürfen aber nicht.

      Zu den Apps: auch hier hat der Gesetzgeber die Kassen verpflichtet, bei entsprechender Zertifizierung und gültigem Rezept eine Kostenübernahme zu gewährleisten. Keine Kasse hat auch nur ansatzweise Einfluss darauf, wie die Regularien rund um die Zertifizierung aussehen.

      Aber erstmal jemanden verantwortlich machen, obwohl man selbst null Ahnung hat.

      Gruß von einem Sozialversicherungsfachangestellten, Krankenkassenfachwirt und Krankenkassenbetriebswirt

      • Gut den Sachverhalt erläutert! Die Stammtisch Experten hier sind gänzlich unwissend.

      • Sehr richtig!

      • Gibt trotzdem zu viele Kassen …

      • Also wer das gesetzliche Kassensystem als 1a abstempelt, der muss auch bei allem anderen Recht haben.

      • Es geht nicht um die Kassenlandschaft so deren deren Systeme (EDV). Ich glaube der normale Bürger hat keine Ahnung was da für Abhängigkeiten bestehen und wie komplex deutsches Sozialversicherungsrecht ist.

        Jammern kann man natürlich hier und da, aber bis auf einige Stellschrauben bin ich klar der Meinung: wir haben das beste Krankenversicherungssystem der Welt. In Deutschland ist man halt daran gewöhnt und weiß es gar nicht zu schätzen. Einen Vorwurf kann ich da niemandem machen.

  • Das ist doch einfach nur Pervers. Wie kann man sowas zulassen?
    Habe manchmal das Gefühl, dass gerade Deutschland eines der Korruptesten Länder der Welt ist. Bestimmt hat irgendein Verwandter von Jens Spahn die App entworfen ;-) Linke Tasche, rechte Tasche..

    • Da fragt man sich wie sowas durch die Apple App Store Kontrolle schafft.
      Na Hauptsache das die Optischen guidelines eingehalten werden und kein Sex Inhalt vorkommt.

      • Die Apps bezahlst du nicht über Apple. Du löst ein Rezept beim Anbieter ein und bekommst einen Code zur Freischaltung. Der Anbieter rechnet dann das Rezept mit der Kasse ab.

        So soll zumindest der Gang sein.

  • Wenn ich die Kosten für so eine App die die Krankenkassen tragen müssen (200-700 € pro Quartal) sehe wird mir schlecht. Vor allem dann wenn man dann wieder hört die Krankenkassen erhöhen schon wieder die Beiträge weil das Geld angeblich fehlt.

    Für bestimmte Themen (Ernährungsberatung und so weiter) sehe ich das ja eventuell noch als sinnvoll an. Dann aber bitte mit einem gedeckelten Betrag. Dieser Betrag dürfte nicht höher sein als die durchschnittlichen Abo Preise im App Store die ein User so zahlen müsste. Und maximal auf 100 € im Jahr limitiert sein.

    Eventuell wäre auch eine Rückzahlungsverpflichtung vom Anbieter zu erwägen. Jedenfalls dann wenn der Patient eindeutig nachweisen kann dass er sich an die Anweisungen/Empfehlungen der App gehalten hat und das Ganze keinen Erfolg gebracht hat. Das würde sicherlich auch die Anbieter sofort vertreiben die damit nur das schnelle Geld machen wollen.

    • Ich bin ganz bei dir. Aber die Kosten sind pro Verschreibung und nicht pro Quartal.

      • Nein es gibt Apps mit einer Anwendungsdauer für 90 Tage die dann mit über 700 € zu buche schlagen. Nach 90 Tagen muss neu verschrieben werden für die nächsten 90. Sind also definitiv Kosten die auch pro Quartal anfallen können.

      • PS: habe auf auf den Kommentar von MixMox auch noch mit einer Quelle geantwortet. Ob die Antwort aufgrund des Links freigeschaltet wird kann ich nicht sagen.

    • Nicht 200-700€ pro Quartal, sondern pro Verschreibung. Und bevor man diese Zahlen in den Raum wirft, wäre toll, wenn man das mit Quellen hinterlegt.
      Ich jedenfalls habe nach Schlaganfall die 7mind App darüber für ein Jahr bekommen. Musste aber auch feste Module mit zeitlichem Abstand und durchhören absolvieren. Von der Struktur also ähnlich, als wäre ich einmal pro Woche zu einem ABSM Kurs gegangen. Finde ich eine super Sache, welches die Allgemeinheit knapp 50€ gekostet, mir aber eine Menge geholfen hat. Ob man den direkte Nutzen wirklich messen kann, halte ich für fragwürdig, ist aber typisch deutsch, dass sofort der Wunsch danach durchkommt. Manche Maßnahmen bringen dem einen mehr, dem anderen weniger. Das ist oftmals sehr typabhängig, gerade bei Prävention.

  • Von den Kassen finanziert… Eher von den GKV Versicherten

    • Eher nicht mehr. Die GKV Versicherten zahlen Beiträge die direkt in den Gesundheitsfonds gehen. Die Kassen bekommen daraus dann Zuweisungen je Versichertem, Alter, Geschlecht und vorliegenden Erkrankungen die nicht nur kurzfristiger Natur sind.

      Die Beiträge und Zusatzbeiträge reichen dabei schon lange nicht mehr aus. Im Gesundheitsfonds selbst steckt schon ein Staatszuschuss von 20-27 Mrd. Euro jedes Jahr.

      Die GKV wird also eher vom Steuerzahler und somit auch privat Krankenversicherten mit finanziert.

      Daher ist eine Bürgerversicherung gar nicht mal so dumm. Dazu die Kassen auf 30 reduzieren (Konkurrenz braucht es) und es wäre ein Stück besser.

  • Das wäre doch genau der richtige Tummelplatz für Smudos Schmuddelcompany „Luca“

  • Alle Apps, die im BfArM Verzeichnis sind, mussten erstens die aufwendige Bewertung und Registrierung als Medizinprodukt durchlaufen und zweitens eine klinische Studie zum Nachweis positiver Versorgungseffekte durchführen. Die Anforderungen an diese Studien sind sehr hoch. In der Regel sind sie mit Arzneimittelstudien vergleichbar. Sie Kosten für die Hersteller liegen im mittleren sechsstelligen Bereich. Ich bin überrascht über die vielen Kommentare, die abgegeben wurden, ohne die Gesetze und Regeln zu kennen, die eine DiGA erfüllen muss, bevor sie ins Verzeichnis kommt. Ohne die Finanzierung über die Kassen, wäre es für die Hersteller gar nicht möglich, die Apps zu entwickeln und den aufwendigen Zulassungsprozess zu durchlaufen. Ich kenne viele DiGA Hersteller, aber keinen, der sich die Nase vergolden lassen konnte.
    DiGAs leisten einen wichtigen Beitrag, die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben. Wir sollten nicht immer alles kaputt reden, ohne uns wirklich mit den Themen zu beschäftigen.

    Dass die Anforderungen an den Datenschutz nicht eingehalten wurden, ist nicht zu entschuldigen. Aber auch hier hat der Gesetzgeber bereits reagiert: Ab 01. April 2023 müssen alle DiGA Hersteller eine Datenschutzzertifizierung nachweisen. Das hat zur Folge, dass sich alle aktuell mit diesem Themen beschäftigen müssen. Es ist immer gut, bestehende Mängel aufzuzeigen, das bringt neuen Zug in das Thema. Schade ist nur, dass „Zerforschung“ nicht bei dem Thema geblieben ist, für das sie Evidenz geschaffen haben: dem Datenschutz, sondern den Artikel mit reißerischen Behauptungen schmücken, die zwar viele Wellen schlagen, aber wenig stichhaltig sind. Hier ist wohl der Name Programm: Es ist immer einfach etwas zu zerforschen, zerstören, zerschlagen, zerreißen. Aber die Welt wird besser, indem man etwas schafft.

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