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Reformvorschläge aus der Fachwelt

Smartphone-Beschlagnahme: Juristen fordern strengere Regeln

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34 Kommentare 34

Der Deutsche Juristentag, der am Mittwoch in Stuttgart begonnen hat, diskutiert unter anderem über den Umgang mit der Beschlagnahme von Smartphones und Laptops durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Veranstaltung, die als größte juristische Fachkonferenz in Europa gilt, zieht rund 2.000 Teilnehmer aus Justiz, Anwaltschaft und Forschung an.

Iphone 8 Polizei Nrw

Die Fachleute kritisieren, dass die Befugnisse der Ermittlungsbehörden bei der Sicherstellung und Beschlagnahme von IT-Geräten veraltet und zu weitreichend seien. Die geltenden Regeln stammen aus einer Zeit, als Mobiltelefone noch keine umfassenden Datenspeicher waren. Heute jedoch erlauben Smartphones Zugriff auf persönliche Daten, wie Kontakte, Bewegungsprofile und Verhaltensmuster, die weitreichende Einblicke in das Privatleben der Nutzer geben.

Themenschwerpunkt in Sachen Strafecht ist beim diesjährigen Juristentag: „Beschlagnahme und Auswertung von Handys, Laptops & Co. – Sind beim offenen Zugriff auf Datenträger die Persönlichkeitsrechte angemessen geschützt?“

Geirnge Hürden bei der Beschlagnahme

Der Trierer Rechtsprofessor Mohamad El-Ghazi, der ein Gutachten für den Deutschen Juristentag erstellt hat, sieht in der aktuellen Praxis ein Problem. Die Beschlagnahme von Smartphones sei häufig auch bei geringfügigen Straftaten wie Diebstahl möglich. Entscheidend ist oft nur ein Verdacht, in dringenden Fällen können Staatsanwaltschaft oder Polizei sogar selbst entscheiden, ohne dass ein Richter eingeschaltet wird.

Noch einfacher wird es, wenn der Betroffene der Beschlagnahme zustimmt. Während bei der Überwachung von Telefongesprächen und Online-Chats hohe rechtliche Hürden bestehen, seien die Anforderungen bei der Sicherstellung eines Smartphones deutlich niedriger.

Ein Auszug aus den diskutierten Thesen:

  • Das Beschlagnahmeregime und die Regelungen zur Durchsicht sind in Bezug auf den Zugriff auf komplexe IT-Geräte (Smartphones, Personal Computern, Laptops, Tablet-PC und ähnliche datenintensive Gerätschaften) als unterreguliert anzusehen.
  • Zur Aufklärung von Straftaten mit einem Höchststrafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren sollte der Zugriff auf komplexe IT-Geräte und ihren Datenbestand im Wege der Beschlagnahme ausgeschlossen sein. Eine Ausnahme sollte für Cyberstraftaten (im weiten Sinne) vorgesehen werden.
  • Dem Geräteinhaber sollte ein Anspruch auf (unverzügliche) Aushändigung einer Datenkopie von den (vorläufig) sichergestellten Daten zugestanden werden – dieser Anspruch steht unter dem Vorbehalt, dass die Erzeugung einer solchen Kopie technisch möglich (und zumutbar) ist.

Reformvorschläge aus der Fachwelt

Die Juristen fordern daher eine Reform der Regelungen, um die Privatsphäre der Betroffenen besser zu schützen. El-Ghazi plädiert für spezielle Vorschriften für IT-Geräte, die dem hohen Schutz der darauf gespeicherten Daten gerecht werden. Smartphones und Computer sollten nicht wie klassische Beweismittel behandelt werden, da sie besonders sensible Informationen enthalten. Ob der Deutsche Juristentag diesen Reformvorschlägen folgt, wird sich wohl erst Ende der Woche zeigen.

26. Sep 2024 um 15:41 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


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  • Bevor sich die „Ich hab nichts zu verbergen“-Fraktion meldet:

    ich finde, bei solchen Regelungen muss man immer im Hinterkopf behalten, wie sie missbraucht werden können, wenn (mal wieder) die Falschen an die Macht kommen. Wie der Artikel schon sagt: Das Smartphone enthält heute extrem viele private Daten … einen Großteil unserer Kommunikation über alle möglichen Themen, Dating-Apps, Versicherungsunterlagen, Hinweise auf die Religionszugehörigkeit, anzügliche Bilder usw. …

    • Ist es dann nicht völlig egal, welche Gesetze jetzt verabschiedet werden? Wenn die falschen an die Macht kommen, werden sie die Gesetze sowieso anpassen…

      • #Word ;)

      • Nun ja – es ist wesentlich einfacher, wenn es den rechtlichen Rahmen schon gibt und man ihn nicht erst etablieren muss.

        Für mich ist aber eher die Verhältnissemäßigkeit im Vordergrund. Ohne Smartphone habe ich heute ein Problem und die Daten auf einen Smartphone sind zudem höchst sensibel – und dann kann so ein Gerät vergleichsweise einfach kassiert werden? Das sollte keiner von uns wollen. Polizei und Staatsanwaltschaft sind nicht unbedingt fehlerfrei.

    • Sehe ich auch so.
      Einen Haussuchung dürfen sie auch nicht einfach so machen, da sind auch hohe Hürden.
      Und ich sehe die Mobilengeräte in der selben Kategorie.

      • Das gilt übrigens auch für den privaten PKW. Darum fragt die Polizei immer gerne nach Warndreieck oder Verbandkasten, weil der meistens im Kofferraum liegt.

      • Hohe Hürden bei Hausdurchsuchung? Lol. Der war gut. Die wird auf lose Vermutungen durchgeführt und durchgewunken. Die StA schreibt den Beschluß schon auf dem Briefpapier des Gerichtes und es braucht nur eine Unterschrift. Richter haben im Durchschnitt 3 Minuten Zeit, einen Durchsuchungsbeschluß zu prüfen.

      • @Carlo: Wenn den Kofferraum nicht öffenen möchtest, z.B. aus Faulheit, dann einfach die Strafe zahlen wegen fehlendem Warndreiecks, Verbandskasten, Sicherheitsweste. Oder vorne im Auto mitführen.

  • Aus meiner Sicht ist das der absolute Hammer, was bei der Beschlagnahmung von Smartphones abläuft. Die Grundrechte und sämtliche Vorschriften werden hier komplett unterlaufen.
    Angefangen vom Recht, die Aussage zu verweigern (man denke nur an die ohne weiteres einzusehenden Chatverläufe etc.) über die Verletzung von gesetzlichen Vorschriften (z.B. stellt eine Beschlagnahmung eines auch dienstlich genutzten Handys ein Datenschutzverstoß dar) bis hin zur „virtuellen Einzelhaft“ des Betroffenen (kein Zugriff mehr auf Ausweis-Apps; alles was sich auf Zwei-Faktor-Authentifizierung stützt (u.a. Banking-Apps), ist nicht mehr verfügbar; kein Zugriff aufs nur digital verfügbare Deutschlandticket).
    Das Handy wieder zurück zu bekommen ist beinahe aussichtslos (auch wenn gar nix gefunden wird) – damit kommt dann eigentlich auch noch Diebstahl in Frage. Man ist dem Justizapparat komplett ausgeliefert.
    Natürlich muss eine Beschlagnahmung von der Staatsanwaltschaft beantragt und vom Richter genehmigt werden. Aber dazu dienen die irrsinnigsten Begründungen, die nicht im geringsten was mit der Realität zu tun haben – sie werden mangels Wissen (und Interesse) durchgewunken. Wie halt schon vor Jahren Frau Bundeskanzler meinte: Internet ist Neuland …

    • Sollte man sich all das nicht überlegen, bevor man Straftaten begeht?

      • Wäre klar belegbar, dass eine Straftat begangen wurde, bräuchte es die Beschlagnahmung gar nicht.
        Kann dir also auch passieren, wenn du gar keine begangen hast. Du musst ja nur verdächtigt werden…

      • Es steht aber leider nicht immer um Straftäter, sondern auch um verdächtige. Die 1. im zweifle unschuldige sind und 2. tatsächlich unschuldig sein können.

      • Ist ein Unfall durch Aquaplaning eine Straftat? Du brauchst auch nur mal als Unbeteiligter eine Demo mit Polizeieinsatz filmen …

        Wenn es nur bei Straftaten beschlagnahmt werden würde, könnte man immer noch sagen: Selber schuld. Aber selbst dann hast Du Rechte (gilt ja immer noch die Unschuldsvermutung), die Dir genommen werden.

      • Es werden massenhaft unschuldige Menschen verdächtigt. Hast Du schon mal vor einem Polzeibeamten gestanden, der die Nacktfotos von Deiner Freundin seinen Kollegen zeigt, weil Du schwarz Straßenbahn gefahren bist?

    • Constantin Opel

      Die Freiheiten gesetzestreuer Bürger waren schon immer der Tummelplatz von Verbrechern und Schmarotzern. Das wird sich nur ändern, wenn diese Freiheiten beschnitten werden – sehr zum Unwohl gesetzestreuer Bürger.

      • Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. (Benjamin Franklin)

    • stimmt so alles. Dazu kommt die Überlastung der Behörden, d.h. es dauert 18 Monate, bis die sich überhaupt das Handy/den Laptop anschauen.
      Und im Zweifel wird das Gerät dann zur Gefahrenabwehr eingezogen, wenn ganz willkürlich vermutet wird, dass da was illegals drauf sein könnte.
      Oder deine Festplatte ist bei Rückgabe „zufälligerweise“ kaputt. Beweise mal dem Staat, dass sie vorher noch funktionierte.

  • Die Frage ist doch, kann man gezwungen werden, das Handy zu entsperren? Schließlich muss man schon ordentlich was anstellen, um nicht innerhalb von. 24 Stunden eine Gelegenheit zu bekommen, das Handy fernzulöschen.

    • Ist ein gesperrtes iPhone für Ermittler nicht sogar wertlos? Und wenn ich es dann auch noch aus der Gerne löschen kann erst recht?

      • Es gibt spezialisierte Firmen, die auch gesperrte iPhones auslesen können. Cellbrite z.B. kann nach dem ersten Unlock auf iphones bis iphone 14 zugreifen, iphone 15 durch deren CAS-Programm. Bis iOS 17.5.1 ist es denen möglich laut durchgesickerter Info. Eventuell auch neuere Versionen. Das einzige, was hilft: iPhone ausschalten.

    • Ach Mann, jetzt hast du denen unseren geheimen Trick verraten.
      Bis jetzt waren sie immer total verblüfft, wenn sie das Telefon durchsuchen wollten und da nur Hello auf dem Bildschirm erschien.
      Wir Kriminellen sind nämlich viel schlauer als die Polizei

    • Tja, es sind nicht immer die hellsten Leuchten bei der Polizei. Und es hängt sicher davon ab, was für Straftaten im Raum stehen. Organisierte Kriminalität oder Terrorismus wird eher ein paar Spezialisten auf den Plan rufen, die Ahnung haben. Auch das Fernlöschen kann verhindert werden.

  • In Thüringen sieht heute man das solche Vorschläge erst bedacht werden wenn es (fast???) zu spät ist. Aber Danke liebe Juristen.

  • Erstmal eine Definition:
    eine „Beschlagnahme“ mit Zustimmung gibt es nicht; daß ist dann die Sicherstellung. Beschlagnahme ist immer gegen den Willen und Sicherstellung eben mit.

    Viel wichtiger erachte ich, daß gerade junge Menschen oft nichts anderes mehr haben als ihr Smartphone um aufs Konto zu kommen, das Auto zu starten und evtl. auch Zuhause die Tür aufzusperren. Da sehe ich neben all der privat gespeicherten Daten eine ebenso große Herausforderung.

    • Hier reden zu viele mit zu wenig Wissen! Eine Wohnungsdurchsuchung steht unter einem Richtervorbehalt mit einem konkreten Ziel. In den Fällen, wo ein Handy ein Beweismittel sein könnte, wird die richterliche Beschlagnahme gleich mit angeordnet. Das wird auch nicht von den o. a. Juristen großartig bestritten. Für Kleinigkeiten, also Bagatelldelikten, wird das im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ohnehin nicht gemacht. Ausnahmen wäre, das Handy selbst stammt aus einer Straftat. Das Auswerten erfolgt aus Anweisung der Staatsanwaltschaft. Ausnahme, der Besitzer willigt freiwillig ein und erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden. Täter, deren Handys inkriminiert sind, machen das nicht. Dann erfolgt die Beschlagnahme durch einen Richter nach dessen Prüfung. Die Juristen verlieren zunehmend an Boden nach Auswertung von inkriminierten Handys und verlieren oft nun bei Gericht. Das schadete ihrem Verdienst, denn sie haben keine Erfolge mehr, da ihre Mandanten selbst die Beweise liefern. Und wenn man bedenkt, dass sehr viele Rechtsanwälte Selbständige oder bei solchen angestellten sind, wird klar, dass sie Anderes fordern. Übrigens: jeder kann einer förmlichen Sicherstellung widersprechen und ruft somit eine richterliche Überprüfung hervor. Das geschieht dann innerhalb von 3 Tagen. Wo also sind geringe Hürden? Und das ist nur ein Teil dieser Thematik und der Schutz…..Behauptung der Juristen.

      • Du fingst gut an mit dem 1. Absatz, aber dann. Au weia. Was sollen Rechtsanwälte sonst sein außer selbständig oder angestellt? Und nein, es soll auch Menschen geben, denen Privatsphäre wichtig ist und einer Auswertung nicht zustimmen. Dazu ist klar, dass Anwälte immer dazu raten, sich nicht selbst zu belasten. War schon immer so. Also keiner Auswertung zustimmen, es sei denn, man ist extrem sicher, dass aus den Taten nichts konstruiert oder nachgewiesen werden kann.
        Und nein, in der Praxis ist der Richtervorbehalt bei Wohnungsduchsuchungen wenig wert. Einfach mal einen Anwalt fragen oder Betroffene fragen. In Dt. hat ein Richter 3 Minuten Zeit, einen Durchsuchungsbeschluß zu prüfen. Dazu werden diese von der StA bereits auf dem Gerichtspapier vorgefertigt zum Unterzeichnen.
        Dazu gibt es auch Ausnahmen vom Richtervorbehalt. Ähnlich sieht es mit der Auswertung aus. Ein Verwertungsverbot ist in Deuschland auch extrem selten.
        Kurz und gut: Die Juristen haben einen guten Grund und sich dazu auch Gedanken gemacht, da sie es aus der Praxis kennen. Wieviele Verfahren hast du bereits bearbeitet als TikTok-Anwalt? :-P

      • Topp! Genau so ist es nämlich. Das mit dem widersprechen läuft exakt so und hat genau die Auswirkung. Es sind schon sehr hohe Hürden da. Aber ist so wie meist in der Politik, es wird gefordert ohne Sachkenntnis bzw. inkonsequente Anwendung bereits bestehender Gesetze. Das Asylbewerber in ihren Heimatländern Urlaub machen, ist seit Jahren bekannt, das und wie Geld geschleust wird auch. Nach 02/22 war es ein Federstrich Reisenden nach Russland, auch indirekt reisend, ein Strafverfahren nach dem AWG anzuhängen und das aufgefundene Geld einzuziehen. Das geht bei Asylbewerbern nicht?

      • Ja klar, man kann der Beschlagnahmung widersprechen. Das ist dann genauso aussichtsreich, wie einer Kuh das Programmieren beibringen zu wollen. Es wird üblicherweise richterlich festgestellt, dass alles seine Ordnung hat, und das war’s. Da hast Du keine Chance.

  • … an die Leute die den Tipp mit dem Fernloeschen geben : Wird das Handy beschlagnahmt kommt es in eine abschirmende Tasche; da hat das Telefon keine Funkverbindung mehr, ebenso in dem Raum wo es dann analysiert wird. Da hilft es nichts mehr das Fernloeschen zu aktivieren – vielleicht wird es sogar noch als Versuch der Beweismittelvernichtung ausgelegt….

    • Gab es nicht mal für (China-)Reisende/ exponierte Personen eine Tastendruck-Kombination, welche Face-Id ausschaltet, bevor man das Telefon zum entsperren vor das Gesicht gehalten bekommt? War mal hier auf iFun…meine ich. Kann sich noch jemand erinnern?

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